Tokio

Rund um Tokio
Ein Überblick über die Geschichte Tokios [10.02.2004]


"To-Kyo"
Auf Deutsch schreibt man "Tokio" und auf Englisch "Tokyo". Auf Japanisch wird der Name mit zwei Zeichen geschrieben: "To-Kyo". "To" bedeutet "Osten" und "Kyo" bedeutet "Hauptstadt". Also ist Tokyo die östliche Hauptstadt. Viele kennen die alte japanische Hauptstadt "Kyoto" in der Mitte der Hauptinsel. Das "Kyo" von Kyoto ist gleich wie das "Kyo" von To-Kyo. Kyo(to) war eigentlich die kaiserliche Hauptstadt. Als der Kaiser in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Hauptstadt nach Osten umstellte, brachte er auch den Namen "Kyo" nach Osten. Das ist der Grund, weshalb die Hauptstadt Japans "Tokyo (östliche (kaiserliche) Hauptstadt)" heißt.

Edo
Bevor die Stadt Tokyo genannt wurde, hieß sie Edo. Der Name soll von dem Tor (Do) zur Hibiya-Bucht (E) herrühren. Wann der Ort entstand und seit wann der Ort eine städtische Funktion innehatte, ist unklar. In Europa versteht man die Entstehung einer Stadt als gleichzeitig mit der Einführung des Stadtrechts. Leider gab es in Japan nur wenige Fälle, in denen Städte solche städtischen Privilegien geniessen konnten. Folglich ist es schwer zu beurteilen, wann die Siedlung zur Stadt im europäischen Sinn wurde.
Nach den neuesten Studien begann die auffällige städtische Entwicklung Edos mit dem Bau der Burg Edo, die von Ota Dokan von 1456-57 gegründet wurde. Er lud die Intelligenz aus der kaiserlichen Hauptstadt Kyoto ein, so dass viele Luxuswaren in die Stadt transportiert wurden. Dies müsste sicherlich den Ursprung der wirtschaftlichen Entwicklung der Stadt mit sich gebracht haben.
Danach entwickelte sich die Stadt schnell zu einer großen und riesigen Stadt, indem Tokugawa Ieyasu seine Regierung (Bakufu = Shogunat) zu Anfang des 17. Jahrhunderts nach Edo verlegte. Er war Kriegsführer (Shogun = General) und Politiker, der das politische Chaos seit der Mitte des 15. Jahrhunderts mit Waffengewalt auflöste und eine vereinigte Verfassung unter dem neuen Feudalsystem (Bakuhantaisei = Shogunats-Territorialstaats (Han) -Verfassung) schaffte. Unter dem letzten Shogunat (Edo-Shogunat) entwickelte sich die Stadt stark weiter, trotz vielmaligen Großbränden. Anfang des 18. Jahrhunderts soll die Bevölkerung eine Million erreicht haben. Im 19. Jahrhundert war Edo nicht nur die regierungspolitische Hauptstadt, sondern die wirtschaftliche Hauptmacht Japans, obwohl der Kaiser nicht in der Stadt residierte.

Tokio
Die neue Entwicklung der Stadt begann mit der Meiji-Restauration. In der Mitte des 19. Jahrhunderts kristallisierten sich die Mächte mit zwei Kernen heraus, dem Kaisertum gegen das Edo-Shogunat. Meiji ist der Name der Zeitperiode unter der Herrschaft des Kaisers (Meijikaiser). Die Mächte gegen das Shogunat wurden eigentlich mit dem Ziel vereinigt, das Kaisertum zu fördern und die Auslandsmächte aus dem Land zu verjagen, da das Shogunat vor den Drohungen der amerikanischen und europäischen Mächte zu schwach zu sein schien.
Trotzdem kehrte die neue Regierung mit dem Kaiser an der Spitze, die Richtung in der tatsächlichen Restauration um 180 Grad um, indem sie eine Modernisierung nach dem Modell des Westens sehr aktiv akzeptierte. Seitdem ist in Japan Modernisierung gleichbedeutend mit Europäisierung.
In Tokio wurden zwischen den traditionellen Holzhäusern die europäischen Häuser eingerichtet. Das berühmteste Beispiel sind die Häuser an der Ginza-Straße. Sie wurden aus rotem Ziegelstein gebaut, um den Bewohnern der Hauptstadt die Atmosphäre von Europa zu geben.
Trotzdem waren solche Veränderungen vielleicht nur auf die Fassade begrenzt. Der Stadtplan und die Häuser des Volks blieben bei der Tradition. Die Edozeit war noch anwesend in den Gassen, die mit der gepflasterten Hauptstrasse verbunden waren.
Die Stadtansicht wurde allerdings vom riesigen Erdbeben, das Tokio in der Taisho-Zeit (1912-26) heimsuchte (Taisho-Großerdbeben), ziemlich verändert, da die Bewegung des Erdbebens und der Stadtbrand den größten Teil der Stadt zerstörten (1923).
In Japan ist Zerstörung zugleich immer auch Gelegenheit zur Veränderung.
Die nächste unglückliche Gelegenheit war der Krieg. Die Stadt, die noch hauptsächlich aus Holz und Papier aufgebaut war, hatte keine Widerstandskraft gegen die Brandbomben, die von den amerikanischen Luftflotten abgeworfen wurden. Die neue Entwicklung Tokios begann nach dem Kriegsende in Schutt und Asche.
Allerdings dürfen wir außer der politischen Entwicklung natürlich noch die wirtschaftliche und technologische Entwicklung nicht vergessen.
Heutzutage kann man in Tokio, wie in New York, viele Wolkenkratzer sehen. Dieser Umstand wäre, ohne die moderne architektonische Bautechnik, die flexible Strukturen verwirklichen kann, in diesem, von Erdbeben heimgesuchten Land, völlig unmöglich. Ohne wirtschaftliche Entwicklung gibt es auch keine Entwicklung der Stadt. Diese begann aber schon vor der Industrialisierung. Wie konnte Edo seine Millionenbevölkerung versorgen? Oder, warum braucht die Stadt so viele Bewohner? Wenn man auf solche Fragen antworten will, muss man die wirtschaftlichen und technischen Hintergründe beachten! [nagashima]


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